Abschied
(für meine Oma)
In deinem Atem hör ich Heimweh schwingen.
Du bist schon fort und warst mir nie so nah,
du fünffach verlöschender, welker Berg.
Ich singe. Hörst du mich singen?
Ich bin bei dir, bin da!
Und du, geschrumpfter Menschenzwerg,
wie rührst du mich an.
Du eingefallen weiße
Fleckenhändige.
Du pergamentpapierne, leise
Lebensendige.
Wir streicheln dich und lauschen,
und keine Hast streunt mehr durchs Blut
auf der Insel deines letzten Schlafs.
Gesichter seh ich aufstehn und vorübergehn,
die deinem Leben entstiegen.
Und zärtlich tauschen
sich Erinnerung und Nähe und
alles ist gut.
Wir lauschen.
Wir sind Teil der Melodie,
des Abschieds, der leise durchs Zimmer geht.
Dein letzter Atemzug,
atemstill auch wir,
Stille!
...
dann bist du verweht...
Iris Hoth, 1999