– h o t )-( s p o t –
©opyright Iris Hoth
 

Auf der Suche nach der eigenen Identität

oder...

Zwei Seelen wohnen, ach,
so tief in meiner Brust...
 

aus "Verschüttet"

von Jane Peyton
aus dem Sammelband "Galaxis in Gefahr", Hrsg. Sandra Marshak und Myrna Culbreath

...in der Tat. Einige Aspekte meiner Person sehen Sie sehr gut.

Ich kenne Ihre Stärken und Ihre Schwächen. Sie scheinen identisch zu sein.

Das ist unlogisch.

Vielleich. Und doch ist es wahr.

Sie sind genauso wie alle anderen. Sie wollen mir erzählen, dass meine menschliche Natur meine Stärke sei. Das ist nicht der Fall.

Spock, können Sie das nicht verstehen?

Gibt es denn etwas zu verstehen, was ich nicht bereits weiß? [...]

Wissen Sie, was ich denke?

Sie denken also?

Sie sind ein Experiment.

Wie bitte?

Sie sind ein Hybride: der Sohn eines Botschafters. Dem Botschafter des Vulkan war es gestattet, einen Sohn wie Sie zu haben [...]
Man hoffte, Sie wären so, wie Sie sind: zum Teil emotional. Sie lassen sich von der Logik leiten und sind doch für Emotionen anfällig.

Das ist kategorisch unlogisch.

Oh? Welchem Faktor schreibt Ihr Vater einzig und allein seine Irrtümer zu?

Der... Emotionalität der Personen, mit denen er zu tun hat.

Und ist das nicht deshalb der Fall, weil er eine derartige Emotionalität nicht begreifen kann?

Zugegeben. Und?

Sie sind ein besseres Modell. Sie können es begreifen.

Nein.

Sie weigern sich, die Logik in meinen Ausführungen zu erkennen.

Da gibt es keine Logik zu erkennen. [...]
Ich bin kein Experiment. Das wäre nicht erlaubt.

Nein? Haben Sie sich nie gefragt, warum man Ihre Geburt zugelassen hat? Glauben Sie denn, man hat nicht gewusst, dass Sie teilweise menschlich sein würden? [...]

Ich gebe zu, dass es geplant war. Aber ich gebe nicht zu, dass es sich um eine absichtliche Destruktion meines Egos handelt.

Konstruktion, Spock. Nicht Destruktion. Sie hatten gehofft, Sie wären ein lebensfähigeres Exemplar.

Vulkanier sind äußerst lebensfähig. [...]

Bereits an früherer Stelle habe ich festgestellt, dass meiner Meinung nach die Wesensteilung Spocks in einerseits vulkanisch, andererseits menschlich eher ein Artefakt darstellt, als dass sie tatsächlich gegeben wäre. Nachdem wir längst wissen, dass Vulkanier Gefühle haben: Warum sollten ausgerechnet Spocks Gefühle dem Umstand seiner halbmenschlichen Abstammung zuzuschreiben sein?

Spock ging mit gemessenen Schritten und dachte über seine Gefühle nach. Im Gegensatz zu der Überzeugung vieler Besatzungsmitglieder mangelte es Vulkaniern keineswegs an Gefühlen. Sie achteten nur darauf, ihre Emotionen immer unter Kontrolle zu halten, sie nicht offen zu zeigen. McCoy ahnte nicht, dass Spock im Freizeitraum tatsächlich fast gelächelt hätte.

(aus "Das Zentralgehirn" von Judith & Garfield Reeves-Stevens [ree01])

Die zwei Seelen, die einander widerstrebenden Neigungen, der in der Person verankerte Antagonismus... stellen sich bei näherer Betrachtung als eine Widersprüchlichkeit dar, die jedem Vulkanier mitgegeben ist, der sowohl das Erbe seiner leidenschaftlichen Vorfahren als auch den Schatz der pazifistischen Vernunft in sich trägt. Genau wie Menschen verschiedenen Temperamentes und in sich heterogen sind, wird auch unter den Vulkaniern der Eine mehr, der Andere weniger dem einen oder anderen Pol seines Wesens zuneigen. Der Erfolg der Filmfigur Spock mag unter anderem darin liegen, dass er ein Identitätsproblem verkörpert, das auch Menschen betrifft: hin und her gerissen zwischen Ratio und Gefühl (Kopf und Bauch), Anpassung und Eigenständigkeit, Wunsch und Notwendigkeit, Tradition und Wandel. Das Feld widersprüchlicher Anforderungen und Tendenzen gebiert einen inneren Antagonismus, der die Integrität der Person bedroht und den zu meistern ein hohes Maß an innerer Balance erfordert.

Ob aber nun Spocks zwei Seelen ein Ergebnis seiner gemischten Abstammung sind oder nicht... Er jedenfalls hält sie dafür. Wie auch seine Umgebung permanent über seine Gespaltenheit mutmaßt und gerne den einen oder den anderen Teil seiner Anlagen stärker ausgeprägt sähe. Der Vater sähe Spock gerne als waschechten, kühlen Vulkanier. Namentlich der Bordarzt der Enterprise, Dr. Leonard McCoy, wird indes nicht müde, Spocks "menschliche" Hälfte herauszufordern.

Auf der Enterprise ist Spock ein Fremder unter Fremden – zumindest für die ersten Jahre auch noch unter dem Kommando von Kirk gilt dies. Spock hat große Schwierigkeiten, die menschlichen gesellschaftlichen Umgangsformen zu verstehen und nachzuvollziehen... so trivial sie auch sind [mci02], beziehungsweise: gerade weil sie so trivial sind... trivial und unlogisch. Den Humor bezeichnet Spock wiederholt als eine "rein menschliche Eigenschaft, die jeder Logik entbehrt, und somit nicht zum vulkanischen Wesen gehört." [bon01]
Selbst wenn dem so wäre, so würde Spock damit gleichzeitig eingestehen, dass sein eigener Humor – den er zweifelsohne besitzt – seinen menschlichen Anteilen entspringt. Jener terranischen Hälfte seines Selbst, von der er doch gerade befreit sein möchte.

    Tatsächlich wird Spock verschiedentlich ein eklatanter Mangel an menschlichem Humor bescheinigt. Er besitzt die seltene Gabe, scherzhafte Äußerungen absolut ernst zu nehmen und entsprechend auf sie zu antworten [yep01]. In seiner späteren Entwicklung allerdings perfektioniert Spock genau diese Missverständnisse zu seinem eigenen, besonderen und für die Menschen in seiner Umgebung mitunter recht schmerzhaften Humor.

"Insgeheim gab Spock zu, dass viele seiner Handlungen nur dazu dienten, die menschliche Hälfte seines Selbst zu verleugnen. Er wusste, wie stark emotionale Motivation sein konnte." [kag01]

Erstmals in der Episode "Implosion in der Spirale" [tos07] begegnen wir einem – unter dem Einfluss eines Virus – emotionalen Spock, gleichermaßen zu Liebe und zu Wut fähig... und zu schmerzlicher Reue. "I spent a hole life in hiding my feelings" sagt Spock und bereut es, niemals seiner Mutter seine Liebe bekannt zu haben.

"Wenn er die terranische Hälfte seines Selbst ablehnte, so leugnete er damit die eigene Mutter. Und sie hatte es nicht verdient, dass er ihr auf diese Weise Schande machte. Als Heranwachsender begann Spock jene menschlichen Eigenschaften zu fördern, die vulkanischen Charakteristiken ähnelten. Was den Rest betraf: Er lernte die peinlichen Empfindungen zu unterdrücken. Aber manchmal kehren sie zurück."

(aus "Vulkans Ruhm" von Dorothy C. Fontana [fon01])

Indem Spock sich für eine Karriere bei Starfleet und den Dienst auf einem Schiff entscheidet, dessen Besatzung zum überwiegenden Teil aus Menschen besteht, dringt er in das Zentrum seines Identitätskonflikts vor und stellt sich sozusagen der Feuerprobe... um sich wieder und wieder zu verbrennen.

Spock verfügt über einen auch für Vulkanier ungewöhnlich hohen ASW-Faktor [lor01]. Das heißt: seine mentalen, z.B. telepathischen Fähigkeiten und seine Sensibilität sind sehr ausgeprägt. In der von Menschen dominierten Umgebung der Enterprise hat dies zur Konsequenz, dass Spock eine geradezu lückenlose telepathische Blockade errichtet und über immens stabile mentale Schilde verfügt. So erscheint er, was auch immer in seinem Inneren brodeln mag, nach außen kühl und beherrscht. Sogar mehr, als dies bei einem reinrassigen Vulkanier zu erwarten wäre. Nun muss ein reinrassiger Vulkanier natürlich auch nicht befürchten, mit gezeigter Emotionalität – selbst wenn sie ihm wesensfremd sein sollte (aber wie kann wesensfremd sein, was das Wesen fühlt?) – seine Integrität als Vulkanier einzubüßen.
Laut McCoy versucht Spock, vulkanischer als ein Vulkanier zu sein. Welche inneren Spannungen sich für Spock mit der strengen Kontrolle der ungeliebten und doch unausrottbaren Gefühle verbinden, kann man sich vielleicht vorstellen. In Situationen, in denen diese Kontrolle versagt, ist Spock das, was seine Herkunft besagt: ein Vulkan... oder doch: ein Vulkanier?


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