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©opyright Iris Hoth

Völker und Kommunikation im Star Trek-Universum

aus "Die Erste Direktive" von Judith & Garfield Reeves-Stevens [ree02]:

Als Menschen ins Weltall vorstießen, erwarteten sie dort seltsame und verblüffende Entdeckungen, und zu den sonderbarsten von ihnen gehörte vielleicht die Tatsache, dass es praktisch überall Leben gab.
 
Dieses Wissen wuchs langsam, mit jedem Schritt in den Kosmos: Leben auf der Erde; Fossilien auf dem Mars; Organismen, die sich im Sonnenwind treiben ließen; Pflanzen-Analogien auf Titan; und dann der überraschende Erstkontakt der Ikarus mit den Centauriern, dem kurze Zeit später die Feststellung folgte, dass noch viele andere raumfahrende Völker existierten.
 
Zuerst konnten viele Bewohner des Planeten Erde kaum glauben, dass nicht etwa die Existenz von Leben eine Ausnahme darstellte, sondern sein Fehlen. Hier und dort fand man Anzeichen dafür, dass ein geheimnisvolles Volk – inoffziell "Bewahrer" genannt – auf verschiedenen Welten Biokeime gesät hatte, und deshalb ließ sich die wahre Häufigkeit von unabhängig entstandenem Leben kaum berechnen. Doch sorgfältige Analysen führten oft zu folgendem Ergebnis: Das Leben war praktisch ein unvermeidliches Nebenprodukt der planetaren Entwicklung überall in der Galaxis. Da die Planeten ein unvermeidliches Nebenprodukt der Entwicklung von Sternen darstellen, überraschte es die zeitgenössischen Wissenschaftler, wenn sie in einem neu entdeckten Sonnensystem kein Leben fanden.
 
Eine weitere bemerkenswerte Feststellung kam hinzu: Offenbar zeichnete sich das Leben überall in der Galaxis – vielleicht sogar überall im Universum – durch eine verblüffende Kongruenz aus. Wenn die Atmosphäre eines Planeten dicht genug war, so entstanden Geschöpfe, die fliegen konnten. Wenn es genügend große Wasserflächen gab, so formte die Evolution Wesen, die schwammen und Sauerstoff durch kiemenartige Vorrichtungen aufnahmen. Und wenn auf einem Planeten die Umweltbedingungen lange genug konstant blieben, wenn es nicht zu ökologischen Traumata irgendeiner Art kam. [...] Dann brachte die betreffende Welt intelligentes Leben hervor. Nach den letzten Schätzungen der Föderation gab es Millionen solcher Welten in der Galaxis. Und wenn man an die vielen Millionen oder gar Milliarden von anderen Galaxien dachte, die sich jenseits der großen Barriere am Rand der Milchstraße im unermesslich weiten All drehten. [...] Solche Überlegungen veranlassten selbst die logischsten und rationalsten Vulkanier zu ehrfürchtigem Staunen.

Überall "Menschen"?

Schauen wir uns das Star Trek-Universum an, so erstaunt nicht nur die Tatsache, dass es reich bevölkert ist, sondern vor allem, dass eine Vielzahl dieser Völker hominider Natur ist. Verantwortlich hierfür wird zweierlei gemacht:
Zum einen geht die Kunde um von einem legendären raumfahrenden Volk, den Bewahrern, die – Sämännern gleich – überall in der Galaxis die Keime des Lebens ausbrachten. Demnach würden viele Völker eine gemeinsame Wurzel haben.

Darüber hinaus waren die Angehörigen beider Völker, nämlich Terra und Centauri, im Stande, gemeinsame Nachkommen zu zeugen. Ein Hinweis darauf, dass vor Jahrtausenden eine unbekannte raumfahrende Spezies unmittelbaren Einfluss auf die Evolution der Menschen im Sol- und Alpha Centauri-System genommen hatte – ohne jene umfassenden genetischen Adaptionen und Modifikationen, die später zur Existenz gewisser terranisch-vulkanischer Hybriden führten.

(aus "Das Zentralgehirn" von Judith & Garfield Reeves-Stevens [ree01])

Gleichzeitig wird unterstellt, dass – auch unabhängig von einer solchen gemeinsamen Wurzel – die Evolution einander ähnelnde Lebewesen erzeugt, es also zum Beispiel unabhängig voneinander entstandene Hominiden gibt. Ob die Vulkanier ebenfalls ein Ergebnis dieser Saat sind, ist umstritten. Die oben angeführte fehlende genetische Kompatibilität kann kaum als Gegenargument gelten, da selbstverständlich nach Jahrhunderttausenden der Evolution von einer genetischen Kompatibilität gar nicht mehr ausgegangen werden kann... Es müssten anderenfalls auch Menschen und Walrösser gemeinsam zeugungsfähig sein. Andererseits haben auch die Vulkanier im Weltraum ihre "Verwandten". Belegt ist die genetische Kompatiblität zwischen Vulkaniern und der Bevölkerung des untergegangenen Planeten Sarpeidon [cri01, cri02].
Und überhaupt...

Bei näherer Betrachtung erweist die Legende von den Bewahrern sich als überflüssig zur Begründung, warum es allerorten in der Galaxis hominides Leben gibt. Wenn wir hierfür einen Grund brauchen, so müssen wir von einer "Quasi-Gesetzmäßigkeit" der Evolution ausgehen. Wir wissen, dass die Evolution auf der Erde aus den gleichen Lebenskeimen eine Vielfalt von Geschöpfen, alles was da kreucht und fleucht, und nacheinander die Dinosaurier und die Menschen hervorgebracht hat. Das gleiche Argument, das hominides Leben auf anderen Planeten extrem unwahrscheinlich erscheinen lässt – nämlich die extreme Artenvielfalt – macht das Phänomen zugleich wahrscheinlich: Auf Planeten mit auch nur näherungsweise ähnlichen Umweltbedingungen müssen zwangsläufig auch die Lösungsvorschläge der Evolution einander irgendwann ähneln. Die gleichen Eigenschaften, die auf der Erde die Spezies Mensch anpassungs- und damit überlebensfähig machen, wird die Evolution auch auf anderen Planeten fördern, so dass auch dort zu irgendeinem Zeitpunkt hominides Leben wahrscheinlich ist.

Spätestens seit als Grund für das Aussterben der Dinosaurier auf der Erde einem Asteroideneinschlag eine hohe wissenschaftliche Plausibilität eingeräumt wird, müssen wir jedoch davon ausgehen, dass die Evolution nicht allein am Werk ist, wenn es um die Entwicklung des Lebens geht. Auf veränderte ökologische Bedingungen reagiert sie mit veränderten Lebensformen. Im Kontext der Historie des Weltraums stellt der Mensch eine Subspezies der Säuger mit noch recht kurzer Geschichte dar. Ihre Entstehung auf der Erde zu genau diesem Zeitpunkt ist das Ergebnis einer Verkettung von weltraumgeschichtlichen, ökologischen und evolutionären Bedingungen. Was im Zusammenhang mit dem Star Trek-Universum also eher als unwahrscheinlich zu gelten hätte ist vielleicht der Umstand, dass so viele hominide Völker gleichzeitig, nämlich in unserer hypothetischen Gegenwart existieren. Andererseits: Was sind denn schon diese paar Hominiden gemessen an der Unendlichkeit des Alls?

 

Und alle reden miteinander?

Lehrt uns die Realität schon in dieser Beziehung, dass es ihr völlig wurscht ist, was wir denn nun für wahrscheinlich halten oder nicht, so muss uns auch ein anderer Umstand nicht mehr verblüffen: Die Fähigkeit der verschiedenen Spezies, miteinander zu kommunizieren.

Genau wie auf Vulkan und auf vielen anderen Planeten, gibt es auch auf der Erde nicht nur eine, sondern eine ganze Reihe intelligenter Spezies. Unter dem Vorbehalt, dass Intelligenz sich bereits auf menschliche Individuen sehr unterschiedlich verteilt, außerdem unter dem Vorbehalt, dass sowohl auf Individuen als auch auf Spezies bezogen die Klassifizierung "intelligent" einer sehr beschränkten, subjektiven Perspektive unterliegt, und weiterhin unter dem Vorbehalt, dass es nicht einmal in Bezug auf Individuen, geschweige denn in Bezug auf Spezies, überhaupt eine gültige exakte und unumstrittene Definition von "Intelligenz" gibt... Selbst unter all diesen Vorbehalten können wir davon ausgehen, dass einige irdische Spezies nicht nur ein bisschen, sondern sogar hochgradig intelligent sind. Hierzu zählen sicher die Wale, wahrscheinlich die Kraken, möglicherweise Elefanten, Nilpferde, Falken... nicht zu vergessen die Primaten. Genau genommen wissen wir von keiner Spezies zweifelsfrei, dass sie wirklich nicht intelligent wäre. (Ganz zu schweigen von der auch oft als Kategorie herangezogenen Empfindungsfähigkeit.)

Aber mit keiner von ihnen gelingt uns eine wirkliche Kommunikation. Wir sind zwar zu einem sozialen Umgang zum Beispiel mit Walen fähig, nicht aber, deren Sprache zu verstehen. Aufgrund unseres begrenzten Wahrnehmungsspektrums sehen, hören, riechen, schmecken und fühlen wir – selbst die technischen Erweiterungen unseres Wahrnehmungsvermögens einbezogen – wahrscheinlich nur einen Bruchteil aller Formen und Farben, Laute, Gerüche usw., die es auf der Welt gibt, und die allesamt geeignet sind – von Lebewesen erzeugt und wahrgenommen – als kommunikative Signale oder Botenstoffe zu fungieren.

Die Fähigkeit zur Kommunikation mit fremden Spezies ist also extrem unwahrscheinlich (dabei möglicherweise völlig abweichende Denk- und Erlebniswelten noch nicht einmal berücksichtigt). Selbst unter Hominiden sind sich überschneidende oder deckungsgleiche Wahrnehmungsspektren nur unter ökologisch sehr ähnlichen Bedingungen vielleicht erwartbar.

 
Aber... Was schert es die Realität, was wir für wahrscheinlich halten oder nicht? Dies jedenfalls sind die Voraussetzungen für das Star Trek-Universum, so wie wir es kennen. Ein Universum, das – auch nachdem seine Voraussetzungen, Erscheinungsformen und Errungenschaften uns zwischenzeitlich zu Selbstverständlichkeiten geworden sind – mit einigen Merkwürdigkeiten aufwartet.


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Das diskontinuierliche Universum