– h o t )-( s p o t –
©opyright Iris Hoth
 

Mainstream versus Subversive


  Was heißt denn hier "Schande"?

Die typische vulkanische Reaktion auf "schändliches" Verhalten besteht in Ignoranz. Über das Verhalten wird hinweggesehen, als hätte es nie stattgefunden, oder der "Schandtäter" selbst wird ignoriert. Es besteht allerdings zwar ein weitreichender, jedoch kein völliger Konsens darüber, welches Verhalten als schändlich zu gelten hat. Sicher schändlich sind die Abkehr von Logik und Vernunft und die Verletzung der Privatsphäre eines Anderen. Mit Einschränkung gilt dies auch für die Missachtung der familiären Autorität und ein Abweichen von den Pfaden der Tradition.

Spocks Entscheidung für eine Starfleet-Karriere zum Beispiel war (und ist es zum Teil immer noch) auf Vulkan umstritten. Bei jenen, die den von Spock gewählten Weg für schändlich halten, mögen darüber hinaus die Gründe für diese Wertung verschieden sein. Sie basiert einerseits auf dem Unverständnis dem Umstand gegenüber, dass ein Vulkanier gemeinsam mit anderen Spezies auf einem Schiff dient und – dies nicht genug – sich dabei auch noch einem Menschen, also einem geringfügigeren Intellekt, unterordnet. Aber auch Spocks Eigenwille gegenüber der familiären Tradition und dem väterlichen Willen begründet die Ablehnung und teilweise Geringschätzung, die Spock sich mit dieser Entscheidung einhandelte... und die am krassesten sein eigener Vater zum Ausdruck brachte, indem er viele Jahre lang nicht mehr mit seinem Sohn sprach. Anderen Vulkaniern galt und gilt Spock als positives Beispiel dafür, wie weit ein Vulkanier es in der Föderation bzw. in Starfleet bringen kann.

Ganz gleich aber, auf welche Seite man sich hier schlägt:

Schande ist nicht strafbar!

Sie ist es zumindest nicht, was eine rechtliche Verfolgung anbelangt. Die möglichen gesellschaftlichen Sanktionen – Ächtung und Ignoranz – stehen auf einem anderen Blatt.

Der vulkanische Sinn für Gerechtigkeit folgt einem – eigentlich – sehr einfachen Prinzip:

Was gegeben wird, muss verdient werden. Was man verdient, das wird gegeben. [clo01]

Wie gesehen ist dieses Prinzip in Wahrheit alles andere als einfach. Denn was dem Einen als bewundernswerte Tat gilt, das sieht ein Anderer als Schande. Und – ganz wie auf der Erde – die Entlohnung für die Tat erfolgt nach persönlichem (oder gesellschaftlichem) Ermessen.

 


  Diskriminierung

Worüber in Zusammenhang mit Vulkan nicht diskutiert werden muss, ist die Geringschätzung von Personen aufgrund Herkunft, Clanzugehörigkeit, Haar-/Hautfarbe, Geschlecht und dergleichen. Zumindest soweit es die Vulkanier selbst betrifft, gibt es keine solchen unsinnigen Ideen, die den Wert von Personen an solchen Eigenschaften messen. Was die Bewertung fremder Spezies angeht, ist dies nicht ganz so eindeutig. Natürlich wäre es unsinnig, bestehende Unterschiede zwischen den verschiedenen Spezies zu übersehen. Beispielsweise die Feststellung, dass der vulkanische Intellekt dem terranischen überlegen ist, stellt für sich genommen keine Diskriminierung oder Geringschätzung dar, sondern sie ist schlicht und einfach zutreffend. Diskriminierung setzt immer dann ein, wenn aus einem solchen Merkmal eine generelle Minderwertigkeit geschlussfolgert wird.

In mindestens einer Hinsicht machen die Vulkanier sich in diesem Zusammenhang diskriminierender Tendenzen verdächtig. Dies betrifft die den allen Vulkaniern angeborene hohe Intelligenz und die kulturell tief verwurzelte Erwartung, dass der Intellekt logisch angewandt und der Logik der Vorrang vor allen anderen Motiven gewährt wird. Ein Vulkanier, der die Logik zugunsten von Emotionen verwirft, oder der einem bloßen Glauben folgt anstatt überprüfbarem Wissen, rückt schnell in die Nähe verachtenswerter Abtrünnigkeit. Wie soll man dem nun begegnen, wenn ein bei der eigenen Art misskreditiertes Verhalten für andere Spezies quasi Programm ist? Einfach gefragt: Wie soll beim Menschen gut sein, was beim Vulkanier schlecht ist? Wie sollen also diesbezügliche menschliche Unfähigkeiten anders gesehen werden als eben als Minderwertigkeit? Könnten die Vulkanier sich nicht zu Recht als "Krone der Schöpfung" betrachten?

Eine respektable Haltung ist in diesem Zusamemnhang nur einnehmbar durch die grundsätzliche Anerkennung der Verschiedenheit, wie sie in der vulkanischen UMUK-Philosophie zum Ausdruck kommt. Eine Bewertung verschiedener Spezies entlang einer "Qualitätsskala" kommt erst dann zustande, wenn die eigene Art zum Maß der Dinge erhoben wird. Die Skala, anhand derer z.B. der Mensch sich so gerne als "Krone der Schöpfung" bezeichnet, ist nichts anderes als eine Vorkehrung, um andere Wesen an einem Setting von (menschlichen) Eigenschaften zu messen, die für diese Wesen selbst aber alles andere als verbindlich, in den meisten Fällen nicht einmal sinnvoll sind. Und dies selbstverständlich unter Vernachlässigung aller (unverstandener) artspezifischer Vorzüge des Anderen.
Wer dem grundsätzlich zustimmt, dass man Äpfel nicht mit Birnen, Vulkanier nicht mit Menschen, Menschen nicht mit Mehlwürmern vergleichen kann, der kommt auch bald dahinter, dass man nicht einmal Hinz mit Kunz vergleichen kann. Denn Hinz mag dümmer sein als Kunz und Kunz dafür ein Schwächling und der eine erfolgreich, der andere nicht, und doch hat jeder von beiden seinen Platz im Universum. Sie sind ebenso verschieden wie prinzipiell gleichwertig. Sie sind – da des gleichen Universums teilhaftig – sogar verwandt... Wie uns das Prinzip NOME lehrt: Zwei in einer Haut.

Die vulkanischen Philosophien UMUK und NOME schließen Diskriminierung aus. Aber natürlich werden diese Philosophien nicht von allen Vulkaniern gleichermaßen verinnerlicht und vertreten. Diskriminierende Einstellungen sind somit auf Vulkan zwar nicht stark ausgeprägt, aber eben doch vorhanden.


  Andersdenkende –
  Die Grenze der Toleranz

Grundsätzlich herrscht auf Vulkan völlige religiöse und politische Freiheit, weshalb auch gegen Befürworter anderer als der dominanten Philosophie keine restriktiven Maßnahmen ergriffen werden. [lor01]

Ein Beispiel hierfür bieten die Anhänger von T'Veth, die (entgegen der dominanten Philosophie der Gewaltlosigkeit) der Gewalt – auch als Mittel der Problemlösung und über Notwehrsitutationen hinaus – ihre Berechtigung zusprechen. T'Veth-Anhänger werden in der vulkanischen Gesellschaft in keiner Weise benachteiligt. Im Hohen Rat Vulkans sind immer auch einige T'Veth-Anhänger vertreten, und ihre Meinung wird ebenso geachtet wie die der anderen Abgeordneten. [lor01]

Diese Toleranz hat jedoch dort ihre Grenzen, wo T'Veth-Anhänger ihre Überzeugungen auch in die Tat umsetzen. Und insofern ist es natürlich fraglich, ob von Toleranz ihnen gegenüber denn wirklich gesprochen werden kann. Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, inwieweit die angewandte Überzeugung, hier also Gewalt, überhaupt tolerierbar ist. Grundsätzlich gelten in diesem Zusammenhang auf Vulkan gleiche Verhältnisse wie in den demokratischen Rechtsstaaten der Erde. Man darf durchaus von der Notwendigkeit der Gewaltanwendung überzeugt sein – dies fällt unter die Meinungsfreiheit – man darf in aller Regel jedoch Gewalt nicht anwenden, denn dies verletzt die Rechte des Anderen.

Im Umgang mit Andersdenkenden, deren (angewandte) Überzeugungen mit dem Common sense nicht vereinbar sind und die gesellschaftliche Ordnung bedrohen, haben die Vulkanier ein probates Mittel gefunden, das – erstmals angewandt – zur großen Auswanderung der romulanischen Ahnen führte. Extremistische Gruppen werden exiliert.

Im Fall der seinerzeitigen Gegner Suraks unter der Führung von S'task trafen die Auswanderer selbst diese Entscheidung. S'task wollte neuerliche Kriege im Spannungsfeld seiner Gegnerschaft zu Surak verhindern. Heute wird jedem Extremisten angeboten, seine Einstellung – gegebenenfalls mit Hilfe PSI-technologischer Einflussnahme – zu revidieren. Stimmt er dem jedoch nicht zu, so muss er Vulkan verlassen. Es ist den Extremisten freigestellt, auf einem anderen Planeten eine Gesellschaft nach ihren eigenen Vorstellungen zu errichten.

Die Methode der Verbannung ist gewissermaßen die großformatige und resolute Ausgabe der Ignoranz, wie wir sie schon im Umgang mit schändlichem Verhalten kennengelernt haben. Während jedoch die Ignoranz die (wenn auch intolerante) Duldung mit einschließt, verbindet die Verbannung Toleranz mit Nicht-Duldung. Der Verbannte mag tun, was er will, jedoch nicht wo er will. Zum Schutz der Gesellschaft – auch um einen Rückfall in die Barabarei der Präreformation von vornherein zu unterbinden – muss er Vulkan verlassen.


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Das vulkanische Rechtssystem