h o t )-( s p o t ©opyright Iris Hoth |
Logik versus Emotion?Wenn ich in mich hineinlausche, stelle ich fest, dass es keinen, auch nicht einen kältesten Moment in meinem Leben gibt, an dem mein innerer Kosmos nicht von Gefühlen durchflutet wäre. Freilich sind diese Gefühle in den seltensten Fällen leidenschaftlicher Natur. Oft gleichen sie eher einer Trägerwelle als einer Melodie und sind sie so leise, dass ihre Wahrnehmung schwer fällt. Nach menschlichen Maßstäben wäre es nicht unbedingt gelogen, in solchen Momenten zu sagen "Ich fühle nichts". Und dennoch ist der Mensch ein durch und durch emotionales Wesen, und im Grunde kann er sich selbst anders als emotional nicht wahrnehmen. Denkend mag er zu dem "Cogito, ergo sum" gelangen... Sein Denken und Handeln dienen ihm als Seinsbeweis... Aber diese Deduktion ist dem emotionalen Argument unterlegen: "Ich fühle mich!" Und selbst das Fehlen von Gefühlen FÜHLE ich. Wie verhält sich das bei Vulkaniern, von denen so oft behauptet wird, sie besäßen keine Gefühle? Verfügen sie nicht über dieses "reine Seinsgefühl", oder meinen sie etwas ganz Anderes, wenn sie für sich in Anspruch nehmen, nichts zu fühlen? Nehmen sie das überhaupt für sich in Anspruch? Von den Vulkaniern wissen wir, dass ihre Vorfahren alles andere als emotionslos waren. Ihre leidenschaftlichen, wallenden und egoistischen Gefühle haben die Vulkanier einst an den Rand des eigenen Untergangs getrieben... Ehe Surak kam und mit der Vernunft die Befreiung von der Leidenschaft predigte. Diese "Umkehr" der Vulkanier liegt inzwischen rund zweitausend Jahre zurück. Kann in zweitausend Jahren die Besinnung der Vulkanier auf die Vernunft zu einer wahrhaft evolutionären Entscheidung gegen die Existenz von Gefühlen geworden sein? Nein, kann sie nicht. Denn (das sagen Darwin und Konsorten): Individuell angeeignete bzw. erworbene Fähigkeiten werden nicht vererbt. Es hätte also zuerst einmal ein gefühlloser Vulkanier geboren werden müssen, ehe diese Eigenschaft vererbbar gewesen wäre.
Wie wird man also seine Gefühle los? Vielleicht so: Man stelle sich vor, man würde über Jahre hinweg das Fühlen vermeiden. Anstatt sich einem Gefühl zu widmen, seiner impliziten Verhaltensaufforderung nachzukommen, dreht man sich um und tut etwas Anderes. Irgendwann wird es geschehen, dass man die eigenen Gefühle nicht mehr wahrnehmen oder identifizieren kann, sie werden fremd. Irgendwann wird man sie vielleicht nicht mehr fühlen.
Es ist also falsch anzunehmen, Vulkanier hätten keine Gefühle. Ihr diesbezügliches Eingeständnis ist ebenso häufig wie umgekehrt die Leugnung. Wenn wir diese Leugnung nicht als das Ergebnis empfundener Peinlichkeit oder als Trotz auffassen wollen (das wäre eine menschlich emotionale Unterstellung), dann müssen wir sie auf ihren Wahrheitsgehalt hin prüfen. Bei der Klärung der "emotionalen Frage" haben wir es nicht allein mit subjektiven Verständnisschwierigkeiten zu tun wie sie auch von Mensch zu Mensch auftreten: Der Eine interpretiert zum Beispiel einen emotionalen Verlust als bedrückende Last, die ihn in eine Depression treibt, der Andere nimmt sie als Herausforderung, um daran zu erstarken... Und reden diese beiden miteinander, so besteht eine nicht geringe Wahrscheinlichkeit dafür, dass sie über subjektiv völlig Verschiedenes reden, möglicherweise ohne es zu bemerken. Aber: Eine Verständigung findet nicht statt. Wir haben es also auch mit sprachlichen und begrifflichen Problemen zu tun. Wie sollte irgendeine menschliche Sprache, da sie alle insgesamt geprägt sind von dem emotionalen Wesen der Menschen, überhaupt ein Konzept übersetzen können, das nach Freiheit von Emotionalität strebt und nach menschlichem Ermessen diese Freiheit vielleicht sogar erreicht hat?
Einige Versuche einer solchen Übersetzung sind überliefert. Betrachten wir uns Sareks Aussage zur "Besorgnis" etwas genauer, so scheint sie nichts weiter zu betreffen als den Unterschied zwischen begründeter und unbegründeter Besorgnis. Zweifellos haben die Menschen einen Hang zu unbegründeter Besorgnis, zum Beispiel aufgrund eines "unguten Gefühls" oder einer Ahnung, einer Intuition... oder einfach weil (einzelne) Menschen sich ohnehin ständig um irgendetwas oder alles sorgen. Wenn Besorgnis einen "Nutzen" gewinnen soll, dann ist aber auch der tätige Aspekt der Besorgnis angesprochen. Besorgnis ist also dann sinnvoll, wenn sie faktisch begründet ist, und sie wird nützlich, wenn sie ein Verhalten gebiert, das einer zu befürchtenden, negativen Entwicklung der Situation entgegenwirkt.
Die Gefühle von Vulkaniern gründen sich somit auf real vorhandene Ursachen. Die Bewertung der Ursachen und möglichen Konsequenzen sowie deren Beeinflussbarkeit durch das eigene Verhalten bedingt, ausgehend von einer logisch statistischen Fall- und Wahrscheinlichkeitsanalyse, das resultierende Verhalten. Was die Vulkanier leben und was Suraks seinerzeitigen Appell ausmachte ist nicht die Unterdrückung oder Abschaffung von Gefühlen, sondern ein rational logischer Umgang mit ihnen.
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