– h o t )-( s p o t –
©opyright Iris Hoth
 

Nichts als die reine Logik

Wenn ein Esel sich aufs Eis begibt, kommt er zwar nicht um, aber ganz bestimmt gibt er eine ziemlich komische Figur ab. Kann sein, dass ich das jetzt auch tue, wenn ich mich ohne weitläufiges (philosophisches oder wissenschaftstheoretisches oder sonstiges) Hintergrundwissen über die Logik an dieses Thema heranwage. Aber unter den zutreffenden Prämissen, dass ich auf derselben Welt mit denselben Erscheinungsformen lebe, auf der auch unsere genialsten Philosophen und Wissenschaftler wandeln und wandelten, ferner dass ich über einen (wenn auch sicher nicht repräsentativen) Erfahrungsschatz verfüge, und schließlich, dass sich in meinem Schädel ein funktionstüchtiges Gehirn befindet... Unter jenen zutreffenden Prämissen also gehe ich davon aus, dass auch mein alltäglicher Menschenverstand fähig ist, dem Thema wenn schon nichts hinzuzufügen, so doch wenigstens etwas abzugewinnen. Diese (logische?) Schlussfolgerung stellt wiederum eine Prämisse dar... und die Basis für eine erste unerschrockene Frage:

 


  Logik... Was is'n das?

"Logik ist keine Krankheit, mit der sich alle Vulkaner infiziert haben, obwohl Terraner sich oft derartigen Vorstellungen hingeben. Sie stellt vielmehr eine gelehrte Lebensweise dar, die manche Vulkanier stärker beeinflusst als andere."
(Spock in "Spocks Welt" von Diane Duane [dua02])

In erster Linie dürfte es sich bei der Logik um eine Denkweise handeln, eine Denkweise nach ganz bestimmten Regeln. Sie verlangt die Verknüpfung von Konstanten (die faktischen Gegebenheiten) und Variablen (mögliche Entwicklungen und Handlungsweisen) durch rationale, Empirie und Wahrscheinlichkeit berücksichtigende Argumente. Je mehr diese Denkweise handlungsleitend wird, umso eher kann man in diesem Zusammenhang nicht allein von einer Denk- sondern einer Lebensweise sprechen.

  • Logik ist aber keine Weltanschauung oder Philosophie. Denn sie trifft keine Annahmen über die Welt und ihre Eigenschaften. Bestenfalls dient sie der rationalen Begründung einer Annahme oder der Extrapolation von Wahrscheinlichkeiten.
  • Logik ist somit auch keine Wahrheit oder Weisheit, sondern bestenfalls ein Mittel zur Erkenntnisfindung.
  • Ebensowenig ist Logik eine Ideologie, wie ihr manchmal unterstellt wird. Es ist sicher richtig, dass die reine Logik zu Schlussfolgerungen mit unbarmherzigen Handlungskonsequenzen gelangen kann. Verbrechen können unter Umständen zu einem logischen Gebot avancieren – in diesem Zusammenhang wird mitunter gegen die "Herzlosigkeit" der Logik argumentiert. Natürlich ist die Logik "herzlos" – sie ist genauso herzlos wie ein Hammer... Dennoch kann ich den Hammer benutzen, sowohl um einen Nagel in die Wand als auch um ein Loch in den Kopf meines Nachbarn zu hauen. Der kritische Punkt besteht also nicht in der "Herzlosigkeit" der Logik, sondern in der ihres Anwenders.
    Wer meint, mit Logik ließe sich alles rechtfertigen, übersieht vielleicht, dass dies ebenso oder ebenso wenig für emotionale Beweggründe gilt. Mit einem Unterschied in unserer Rechtsprechung: Dem, der z.B. affektiv mordet, werden mildernde Umstände zugestanden, oder der Mord gilt als Totschlag. Jener, der überlegt, also subjektiv logisch mordet, wird der Niedertracht bezichtigt... Womit auch die Rechtsprechung dem emotionalen Wesen der Menschen Rechnung trägt.
    Offensichtlich ist es aber auch nicht "Herzlosigkeit", die aus der Logik ein gefährliches Instrument machen kann, sondern es ist die Ethik. Die Ethik, also der "Katalog" von Werten und Idealen, die ein Individuum vertritt, stellt zusammen mit der Umwelt, wie sie vorgefunden wird, und den angestrebten Zielen den eigentlichen Handlungsrahmen dar, innerhalb dessen Logik oder Emotion lediglich vermittelnde Funktion haben... Wobei allerdings nicht ausgeschlossen ist, dass sowohl Logik als auch Gefühl quasi vom Mittel zum Zweck mutieren können, wenn ein Individuum hierin Sinn und Ziel seines Daseins erblickt.

Was man möglicherweise den Vulkaniern vorwerfen kann – und auf einige von ihnen trifft dies sicher zu – ist, wenn das Streben nicht mehr der Erkenntnis oder dem rechten Verhalten gilt, in deren Dienst die Logik steht, sondern das einzige Bestreben darin besteht, logisch zu sein. Aber wäre das logisch?

 


  Logik als Instrument

Wenn die Logik – wie ich es hier behaupte – ein Instrument ist, dann benötigt ihre Anwendung ein "Material", das mit ihrer Hilfe "bearbeitet" wird. Dieses Material liefern letztlich Punkt A und B eines Parcours, Start und Ziel, die Situation, in der man sich befindet auf der einen Seite, auf der anderen das, was man erreichen will. Besteht das Ziel in der Mehrung von Wissen, so ist es logisch, sich Wissensquellen zu erschließen und die eigenen Fähigkeiten zur Wissensaufnahme zu trainieren. Besteht das Ziel darin, eine Führungsposition zu erreichen, so ist es logisch, sich hierfür zu qualifizieren, den eigenen Einflussbereich zu erweitern, Beziehungen zu knüpfen usw. Wobei auf einem solchen Weg die logischen Verhaltensargumente möglicherweise beschränkt werden durch höherrangige ethische Werte. Würde der Eine auf dem Weg zum Erfolg – um beim drastischsten Beispiel zu bleiben – vielleicht auch vor einem Mord nicht zurückschrecken, so wird ein Anderer den Mord als Mittel zum Erfolg für nicht akzeptabel halten und eher auf den Erfolg verzichten.

Seitens der Vulkanier sind uns eine Reihe ethischer Werte bekannt, die einer "Logik bis zur letzten Konsequenz" widersprechen: Das sind u.a. ihr Respekt und ihre Toleranz allem Leben gegenüber, ihre Achtung der Privatsphäre und ihre Selbstverpflichtung zur Wahrheit. Aber...


  Vulkanier sind keine Lämmer!

Wir wissen längst, dass das geflügelte Wort vom Vulkanier, der nie lügt, eine bloße Mär ist. Spock kam im Rahmen seines Starfleet-Dienstes nur zu oft in die Situation, sowohl zu lügen als auch zu töten. Valeris zog aus ihren Überzeugungen die logische Konsequenz von Verschwörung und Attentat [stVI, dil06]. In einer Welt, in der es – wie im Star Trek-Universum – reichlich Feinde gibt, sind Verteidigung und vielleicht auch hin und wieder ein Präventivangriff Gebote der Selbsterhaltung. Allerdings tut ein Vulkanier dergleichen niemals leichtfertig oder aus niederen Motiven.
Die Wahl der Mittel steht letztendlich in unmittelbarem Zusammenhang mit der Stärke und Gefährlichkeit des Gegners. Wenn ich mich angemessen verhalte, setze ich einer Gefahr oder Aggression genau die Stärke und Mittel entgegen – ob nun Prügel, Tränengas, Scharfzüngigkeit oder Photonentorpedos – die es braucht, um die Gefahr zu bannen bzw. den Angriff zurückzuschlagen. Einem aggressiven Kind setze ich vielleicht nichts anderes entgegen als Geduld.

"Logik kann sehr subtil sein. Und wer zu einer begrenzten Perspektive neigt, sieht nicht alle Muster."

(Spocks subtiler Affront gegenüber dem vulkanischen Botschafter Sytok in "Die Erste Direktive" von Judith & Garfield Reeves-Stevens [ree02])

Die Wahl der Mittel ist also unter anderem abhängig von der eigenen Stärke in Relation zu der des Gegners bzw. von der subjektiven Bewertung der jeweiligen Stärke. Ebenso ist die Wahl der Mittel abhängig von dem verfügbaren Wissen über die Variablen – darüber also, was geschehen kann bzw. wahrscheinlich ist – bzw. deren Einschätzung. Insofern – weil die gleiche Situation sich verschiedenen Individuen durchaus auch verschieden darstellt: aufgrund divergierender Werte, vielleicht auch aufgrund individuell variierender deduktiver Fähigkeiten – kommen zwei Vulkanier unter der gleichen Prämisse der Logik keineswegs immer zum gleichen Ergebnis.

Löblicherweise bilden Vulkanier sich erst dann eine Meinung, wenn sie über hinreichend aussagekräftiges empirisches Material verfügen [bea01]. Vulkanier spekulieren nicht, sondern beschäftigen sich stattdessen mit den Fakten. Dieser Umstand verleitet die Vulkanier mitunter zu einer gewissen "Handlungsträgheit"... Eine Entscheidung "aus dem Bauch" heraus treffen zu müssen, stellt für einen Vulkanier eine schwierige und seiner Natur widersprechende Forderung dar.

Im Zusammenhang mit der Sezessionsbewegung auf Vulkan (dem Bestreben einer Loslösung von der Föderation) erklärt Spock in "Spocks Welt" von Diane Duane [dual02]:

"Es ist unlogisch einer solchen Kraft (den Gefühlen) keine Beachtung zu schenken. Es ist unlogisch, sich von einer anderen Spezies zu trennen, die uns viel über unsere Ängste und Hoffnungen gelehrt hat, sie mit uns teilt."

An genau diesem Punkt gerät der Vulkanier gegenüber dem Menschen ins Hintertreffen. Zwar kann er – und dies um ein Vielfaches gründlicher und schneller als Menschen – eine Situation logisch analysieren und bewerten, ohne eine solche "gesicherte" Grundlage aber ist er kaum in der Lage, eine Entscheidung zu treffen (ungeachtet dessen, dass – ebenso wie man sich nicht NICHT verhalten kann – keine Entscheidung auch eine Entscheidung ist). Intuition und Spontanität sind den Vulkaniern eher fremd. Es ist aber derselbe Punkt, an dem Vulkanier und Menschen sich gegenseitig ergänzen und füreinander zu einer Bereicherung werden.

 


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Cthia und die "Beherrschung der Leidenschaft"