– h o t )-( s p o t –
©opyright Iris Hoth
 

Das Kolinahr

oder...     Zimmer mit direktem Blick auf die Wüste    

Vor Jahrtausenden in den dunklen Fels des Mount Seleya geschlagene Gewölbe und Katakomben. Den Berg im Rücken, von ihm ausgehend erstreckt sich Gol – die Wüste – so weit das Auge reicht. Heiße Glut bei Tage, Kälte in der Nacht. Durch die Fenster (nichts weiter als durchbrochner Fels) lugen Hitze und nachts die Sterne. Nachts... wenn der genügsame Adept auf seiner Lagerstatt (nichts weiter als ein aus dem Fels geschlagener Vorsprung) verharrt... um bei Tage allen Widernissen zu trotzen, jenen der Wüste und jenen des Geblüts. So neigt er verstehend in sich gehend sein Gesicht (sein wie aus Stein gemeißeltes Gesicht), und ist allein... mit sich und der Welt.

      Auf blankem Stein ruhst du.    
      Und T'Khut, die terin,    
      nur sie schaut zu.    
      Und offnen Auges schlafe,    
      schlaf, Vulkanier, lei la lu    
      da hat das arme Katra Ruh.
   

      (altes vulkanisches Wiegenlied :-)

Schon vor Jahrtausenden, lange vor Surak und der Reformationen, schufen die Vorgänger der heutigen Gol-Meister, die herrlich schrecklichen Gedankenlords, sich den Unterschlupf am Rand der Gol-Wüste. So wie die Gedankenlords in ihrer Zeit die Verkörperung aller vulkanischen Eigenschaften darstellten – nämlich von ungehemmter Leidenschaft, Lust an der Gewalt, Machtstreben und fast unvorstellbarer Stärke – so bilden auch die heutigen Kolinahru eine kleine "Elitetruppe" von Vulkaniern, die der Vernunft in ihrer reinsten Form huldigen, und die aller Emotionalität abschwören. Ähnlich wie die von Terra her bekannten Mönche entledigen die Kolinahru sich allen – nein, nicht irdischen – vulkanischen Ballasts, um in Askese und beschaulicher Abgeschiedenheit sich selbst zu läutern. Was die Vulkanier anstreben, ist "die Einheit von Intellekt und Seele, der Frieden reiner Logik. Wir bezeichnen diesen Bewusstseinszustand als Zeit der Wahrheit: Kolinahr." (Spock in "Das Pandorra-Prinzip" von Carolyn Clowes [clo01])

Das Kolinahr ist die philosophische Schule Vulkans, die am radikalsten Suraks Lehre der Vernunft umzusetzen sucht. Allerdings hatte Surak nie die Lossagung der Vulkanier von ihren Gefühlen verlangt, sondern lediglich deren Kontrolle: Nicht die Gefühle sollten den Vulkanier, sondern der Vulkanier sollte seine Gefühle beherrschen. Das Kolinahr stellt dieser ursprünglichen Idee gegenüber eine Weiterentwicklung (oder – wie manche meinen – eine Pervertierung) dar.

Obwohl das Kolinahr nur von sehr wenigen Vulkaniern angestrebt wird und die Gemeinschaft der Kolinahru sehr klein ist – die Angaben reichen von einigen hundert bis etwa fünfzig – nährt gerade das Kolinahr bei Außenweltlern zum Teil recht skurrile Vorstellungen über Vulkanier im Allgemeinen. Aber Außenweltler, insbesondere Menschen, neigen sowieso zu derart undifferenzierten Schlussfolgerungen. In der Gegenwart des 20. Jahrhunderts beispielsweise hielt ein Großteil der westlichen Erdmächte die Deutschen für ein Sauerkraut essendes Volk in Lederhosen. Betreffen solche Vorurteile bereits Angehörige der eigenen Art, so müssen wir uns über irrige Annahmen über fremde Spezies nicht wundern.

[Das Kolinahr ist]

"...ein Pfad des Lebens. Wer ihn beschreitet, muss alles hinter sich zurücklassen, alle Emotionen und Bindungen. Nur dann kann sich der Geist frei in Rationalität entfalten und die Dinge so sehen, wie sie sind, und nicht so, wie man sie sehen möchte. Nur dann erfahren wir die wahre Bedeutung unserer Existenz, unserer Geburt. Das Kolinahr ist Erleuchtung. Und somit eine sehr persönliche Erfahrung, die sich jeder Person auf andere Weise offenbart. Diese Wahrheit kann nicht gelehrt, ihr Friede nicht geteilt werden. Selbst den Wunsch nach dieser Wahrheit muss man für das Kolinahr aufgeben. Von allem und jedem muss man sich trennen."

(Spock in "Das Pandorra-Prinzip" von Carolyn Clowes [clo01])

Das Studium des Kolinahr erfordert extreme Introspektion und Selbstehrlichkeit [dil04] und den Abbruch sämtlicher externer Kontakte [cri02]. Pro Jahr wird nur ein Postulant aufgenommen, der zunächst für ca. ein Jahr in der abgeschiedenen Gemeinschaft der Gol-Meister lebt, ehe er das Ritual des Abschiednehmens vollzieht und für ihn das eigentliche Studium der Disziplinen des Kolinahr beginnt [dil02, dil03, dil04].

Das Ritual des Abschiednehmens bietet sowohl Angehörigen und Freunden des Postulanten als auch diesem selbst die Gelegenheit, bestehende emotionale Bindungen zu beenden. Entsprechend der den Vulkaniern eigenen Förmlichkeit, richtet der Angehörige oder Freund an den Postulanten die Bitte, sich von ihm verabschieden zu dürfen. Und in aller Regel wird dieser Bitte seitens des Postulanten entsprochen. Das Abschiednehmen selbst erfolgt durch eine Bewusstseinsberührung, in der gemeinsame Erinnerungen noch einmal geteilt und bestätigt und schließlich alle Verbindungen und Verpflichtungen gelöst werden. Für Angehörige und Freunde ist dies in der Regel das letzte Mal, dass sie ihren Freund bzw. Verwandten sehen. Am Tag nach dem Abschied unterzieht dieser sich dem anderen, dem großen Ritual, bei dem der Geist des Postulanten mit dem des Hohemeisters verschmilzt und der Postulant – sofern er sich als würdig und hinreichend auf das Kolinahr vorbereitet erweist – als Student in die Gemeinschaft der Kolinahru aufgenommen wird. [ebenda]

Die Gemeinschaft der Kolinahru unterhält keine Kontakte nach außen, nimmt aber Besucher auf, die z.B. einen Ort der Ruhe und Heilung suchen. Aus den Reihen der alten Star Trek-Crew war es McCoy, der nach der ersten Außerdienststellung von Starfleet nicht nur einige Zeit auf Vulkan und dort mit Spock verbrachte, sondern auch die Gastfreundschaft der Kolinahru in Anspruch nahm. [dil02]

Allerdings geht diese Gastfreundschaft nicht so weit, dass die Besucher auch an den Zeremonien der Gemeinschaft teilhätten. Über die internen Gepflogenheiten der Gemeinschaft sind nur wenige Details bekannt. So erfahren wir z.B., dass zu den üblichen "Hilfsmitteln" eines Adepten ein Meditations-Mandala gehört, das jeweils an die Gemeinschaft zurückvererbt wird, um dann einem anderen Adepten zu dienen [dil04].

Sogar ein alter "heidnischer" Kult wird in der Kolinahr-Gemeinschaft gepflegt. Tief im Inneren von Gol befindet sich der Schrein der Sekhet – Göttin der Wüste, des Feuers und der Zerstörung – deren Abbild den Körper einer vulkanischen Frau mit dem Schädel eines wütenden Le matya vereinigt. Auch wenn der Kult als solcher keine Bedeutung mehr hat, so ist mit ihm doch ein Ritual verbunden (es geht mit tagelanger völliger Zurückgezogenheit ohne Nahrung, Wasser und Schlaf einher), dessen psychische Tiefenwirkung in extremen Fällen genutzt wird, um emotionale Verbindungen aufzulösen.
Spock vollzieht dieses Ritual, als er auf Vulkan den Kontakt zu V'ger spürt und dadurch die alten emotionalen Bindungen an seine Freunde von der Enterprise neu belebt werden. Wie wir wissen, gelang – zum Glück für uns – die emotionale Loslösung nicht.

Nicht mehr einzugehen – weil bereits an entsprechender Stelle besprochen – brauche ich an dieser Stelle auf das Katra und seine Konservierung in der Kammer der Gedanken. Zweifellos ist das Katra von zentraler Bedeutung in den vulkanischen Philosophien und auch in der vulkanischen Lebensführung, der wir uns als nächstes zuwenden wollen.


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Vulkan: Gesellschaft und Kultur