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©opyright Iris Hoth
 

Das Kolinahr

Ist das Glück ein Gut, das jedes Individuum anstrebt? Spock meint, darüber habe er noch niemals nachgedacht. Jedoch stellt er sich dieser Frage im Rahmen einer Diskussion:

aus "Der Herr der Schatten" von Laurence Yep [yep01]

"Es war nie mein Bestreben, glücklich zu werden." Diese Erkenntnis überrascht ihn selbst.

Und auf den Einwand Pugas: "Unsinn! Jeder hält das Glück für erstrebenswert", erwidert Spock:

"Doch nicht alle können sich diesen Wunsch erfüllen. Ich halte es für zwecklos, ein Ziel zu verfolgen, das sich nicht erreichen lässt."
[Später fügt er hinzu:] "Es gibt noch andere Dinge außer Zufriedenheit. Zum Beispiel Wissen. Die Wahrheit hat viele Gesichter, und wer nach Erkenntnissen sucht, muss flexibel sein. Wenn man darauf besteht, wenigstens einen Aspekt des eigenen Ichs zu kennen, leugnet man alle anderen. Erfahrungen dienen dazu, das Selbst auszuleuchten, in entfernte Winkel der eigenen Natur zu blicken. Das letztendliche Ziel des Wissens besteht darin, das eigene Wesen zu erkennen."

Der zitierte Roman von Laurence Yep spielt zwar sehr früh – wahrscheinlich im ersten Jahr der 5-Jahres-Mission – er ist aber vielleicht geeignet, eine Ahnung dessen zu vermitteln, was Spock bewegt.

Was ist überhaupt Glück?... Ist es empfundenes Glück, also eine Emotion? – Als solche wäre das Glück sich der Ablehnung Spocks zu diesem Zeitpunkt gewiss. Ist es ein Zufall der Umstände und Entwicklungen? – Nein, ein Vulkanier glaubt nicht an den Zufall. Alles was als Zufall erscheint, erscheint als solcher nur aufgrund der Komplexität der Bedingungen, die zu diesem Ergebnis führten. Vielleicht lassen sich nicht alle Ursachen und Wechselwirkungen durchschauen, jedoch ist klar, dass der scheinbare Zufall immer ein Ergebnis von Verkettungen einander bedingender Aktionen und Reaktionen ist, das ebenso kausal nachvollziebar ist, wie es auch statistisch vorhersagbar wäre.

Was ist Glück?... Ich wage folgende Definition: Glück ist das positive Ergebnis von Entwicklungen, Handlungen und Reaktionen. Positiv insofern, als es die Person in einen Zustand der Harmonie mit sich selbst und dem Universum versetzt. Glück ist ebenso beeinflussbar und forcierbar, wie es andererseits von Faktoren abhängt, auf die das Individuum keinen Einfluss nehmen kann. Und: Was des einen Glück ist, ist des Anderen Unglück. Glück ist subjektiv.

Für Spock – sich seiner Hin- und Hergerissenheit zwischen zwei Kulturen, der menschlichen und der vulkanischen überdeutlich bewusst – bestünde das größtmögliche Glück darin, sich als vollwertiger Vulkanier zu fühlen und als solcher angenommen zu werden. Der Umstand seiner gemischten Herkunft liegt wie ein Joch auf seiner Existenz. Da er weder ganz Mensch noch – wie es sein Wunsch wäre – ganz Vulkanier ist, sieht er sich in der Rolle des ewigen Außenseiters, für den "Glück" unerreichbar bleibt.

 

 
Grund für Spocks Entscheidung für Starfleet war seine Kindheit auf Vulkan. So gesteht er ein...

Aus "Star Trek – Der Film" von Gene Roddenberry [rod01]:

"Ich musste mir beweisen, dass die Jahre der Tränen und des Lachens auf die Fehler eines Kindes zurückgingen. Ich musste mir beweisen, Herr über mich selbst geworden zu sein. Nur aus diesem Grund ging ich zu den Menschen: Um mich endgültig von meiner Identität als Vulkanier zu überzeugen."

Es ist derselbe Grund, der Spock veranlasste, sich unter Menschen zu begeben, der ihn viele Jahre später dazu bewegt, den Weg des Kolinahr zu beschreiten.

Hatte er sich womöglich längst wohl gefühlt zwischen seinen menschlichen Freunden? Vieles spricht dafür: Die subtile Zuwendung und Anteilnahme, die er seinen Freunden – allen voran Kirk und McCoy – immer wieder zukommen lässt. Die Gelassenheit, mit der er sich – begleitet von verstecktem und doch offenbarem Humor – unter den Menschen bewegt... und sie versteht.

Von den Menschen war Spock verschieden genug, um als Vulkanier zu gelten. Die immer verbliebene Distanz bestätigte ihn als das, was er sein wollte: Vulkanier. Aber letztlich enttäuschen seine Freunde ihn, enttäuscht Kirk ihn, indem er wortbrüchig wird und zur Admiralität geht. Und auf Vulkan muss Spock entdecken, dass nichts ihn zu dem gemacht hat, was er sein will: zu einem "richtigen" Vulkanier.
Seiner Unaufmerksamkeit, seinen Emotionen, seiner MENSCHLICHEN HÄLFTE ist es zuzuschreiben, dass eine menschliche Frau starb... ganz ungeachtet dessen, dass ein Individuum nicht die Verantwortung für eine ganze Ereigniskette haben kann, und jene Frau so oder so gestorben wäre.

Spock konnte gut im Gegensatz zu seinen menschlichen Freunden bestehen – auf Vulkan ist es für ihn jedoch unannehmbar, wiederum im Gegensatz zu existieren... im Gegensatz zu jenen, die seine Art präsentieren.

Die Schlussfolgerung ist logisch. Sei es, dass Spock sich für Gol entschied, um seine durch Treuebruch und eigene Unzulänglichkeit gerissenen Wunden zu heilen, oder dass er den einzigen Weg beschritt, der ihm die Erfüllung seines am längsten gehegten Wunsches verhieß. Die völlige Emotionslosigkeit des Kolinahr würde ihn sowohl von allen Schmerzen befreien als auch ihn endlich zu einem vollwertigen Vulkanier machen.

 

 
Wir wissen, dass nichts daraus wurde.
Spock musste sich dieser Erkenntnis
erst noch stellen.
In neun vulkanischen Phasen – dies entspricht etwa 2,8 irdischen Jahren (Roddenberry begibt sich hier in Widerspruch zu der Chronistin Dillard, die als Vorbereitungszeit auf das Kolinahr ein Jahr angibt) – legt Spock als Postulant alle Exerzitien des Kolinahr ab.

Die "Einheit von Intellekt und Seele, der Frieden reiner Logik" [clo01] scheint erreicht, als Spock ein mentaler Ruf erreicht.

 

"Deine Antwort liegt woanders, Spock!"     
 

 
T'Sai, die Hohemeisterin Gols, spricht diesen fatalen Satz.

Am Abend vor der entscheidenden Gedankenverschmelzung mit T'Sai, mit der Spock endgültig in die Schar der Kolinahru aufgenommen worden wäre, spürt Spock die Berührung einer gewaltigen, sondierenden Intelligenz. Die Berühung weckt in ihm Furcht. Die Empfindung als solche war schon schlimm genug, denn sie steht im krassen Gegensatz zur Emotionslosigkeit des Kolinahr... Zu allem Überfluss bezieht Spocks Furcht sich auf die Erde, auf die Menschen und... insbesondere auf einen Menschen, James T. Kirk, dessen Gedanken er ebenfalls wahrzunehmen glaubt.

Die Meditation kann Spock in diesem Fall nicht helfen. Als Spock am folgenden Tag die Gedankenverschmelzung mit T'Sai eingeht, weiß er, wie das Ergebnis lauten wird.

Seine Antwort liegt woanders...


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