Tatsächlich verhält es sich natürlich so, dass sehr viele Gedichte, die ich schreibe, durch Menschen, Wesen, Dinge und Ereignisse angeregt und inspiriert und jenen zuweilen auch gewidmet sind. Ohne Not hätte ich in dieser Rubrik etliche Gedichte versammeln können, angefangen von der Ode an einen Kugelschreiber bis hin zur Erinnerung an eine missgeliebte Tante.
Ich beschränke mich stattdessen auf wenige Gedichte, die mit Menschen und Erfahrungen in Zusammenhang stehen, die mich in besonderer Weise bereichert haben oder bereichern.
(Widmung überzeitet)
Es ist ganz schön Tag,
um dies nun zu sagen,
doch du schläfst.
Blasse Himmelsmatte,
kühl herein
auf dein Junggesicht.
Es ist ganz schön spät,
um dich nun zu fragen,
wonach, das weiß ich nicht.
Doch klopft es
zwischen Bauch und Scheitel,
und Finger flinken
wie von selbst.
Tasten nach dem
Pulsschlag deiner Zeit,
nach meiner Weiche,
die die Nacht erschuf.
Glück ist ein Mondkind
mit vier Augen.
Es ist ganz schön Leben,
um dies nun zu sagen,
Fundgut aus der Falte eines Traums.
Es friert am kleinen Finger.
Es kitzelt am Ohr.
Es lacht zarte Poesie
in unsre Kaffeetassenhände.
Iris Hoth, 2002
(für Dietmar)
Dein Lächeln war bezaubernd,
und du warst schön
wie der Mond.
Aber da sind die Tränen,
selten geweinte
Boten abseits der Chaussee,
die wir einst gingen.
Ich erinnere mich an den Tag,
an die Niederkunft des Glücks,
das so klein in unsren Händen fror.
Wir mussten doch
erst in Schutt und Asche gehn.
Wir mussten
Nachtwandler am Tage sein,
glücklos und verachtet.
Wir mussten
züngeln und züchtigen.
Aber da sind die Tränen,
jene seltsamen, flüchtigen
Boten abseits der Chaussee.
Iris Hoth, 1999
(für meine Oma)
In deinem Atem hör ich Heimweh schwingen.
Du bist schon fort und warst mir nie so nah,
du fünffach verlöschender, welker Berg.
Ich singe. Hörst du mich singen?
Ich bin bei dir, bin da!
Und du, geschrumpfter Menschenzwerg,
wie rührst du mich an.
Du eingefallen weiße
Fleckenhändige.
Du pergamentpapierne, leise
Lebensendige.
Wir streicheln dich und lauschen,
und keine Hast streunt mehr durchs Blut
auf der Insel deines letzten Schlafs.
Gesichter seh ich aufstehn und vorübergehn,
die deinem Leben entstiegen.
Und zärtlich tauschen
sich Erinnerung und Nähe und
alles ist gut.
Wir lauschen.
Wir sind Teil der Melodie,
des Abschieds, der leise durchs Zimmer geht.
Dein letzter Atemzug,
atemstill auch wir,
Stille!
...
dann bist du verweht...
Iris Hoth, 1999