Im glücklichen Fall hat man eine gute Theorie, um ein Problem zu lösen.
Im glücklichsten Fall entspricht die Theorie der Praxis.
Aber von Anfang an...
|
Wir hatten ein Problem: Seit Blue und Daleth zu zweit miteinander auskommen mussten, kniffen deren verschiedene Temperamente sich immerzu. Daleth oft zu vital und anstrengend für Blue, Blue zu ruhig und leider auch oft zu grob für Daleth. Und ich hatte eine naheliegende Idee. Die Theorie: Eine Freundin für Daleth musste her. Es musste ein Mädchen sein, da ich keine Katerkonkurrenz für Blue dazu holen wollte. Also ein sozial verträgliches Mädchen etwa in Daleths Alter oder – weil Daleth ja nicht unbedingt zu geruhsamer Erwachsenheit neigt – auch jünger. Glücklicherweise ging es Blue gut. Seine Herzerkrankung quält ihn ohnehin kaum, seine Schilddrüsenüberfunktion war medikamentös eingestellt, sein Asthma und sein chronisches Erbrechen hatten wir im Griff. Und nachdem Blue schon sehr gut damit zurecht gekommen war, als Daleth zu uns stieß, in dieser Situation sogar unerwartete soziale Größe bewies, war ich optimistisch, dass er auch jetzt einem neuen Familienmitglied aufgeschlossen gegenüber stehen würde. Das neue Mädchen würde eine Freundin für Daleth sein und sie auslasten. Und damit wäre sie gleichzeitig eine Entlastung für Blue... so die Theorie. Daleth zeigte sich denn auch an dem Neuzugang sogleich höchst interessiert. Um nicht zu sagen... 1. Tag (16. August 2008)...Daleth folgte der kleinen Kalifee auf Schritt und Tritt. |
Auf der anderen Seite der Pflanzenschale sitzt ein dunkles Ungetüm. |
Blue zeigte nur wenig Reaktion auf den Neuankömmling. Die im wahrsten Sinne des Wortes "höchste Reaktion" war, dem ungewöhnlichen Umtrieb durch einen Sprung auf den Kleiderschrank zu entkommen. |
Und unvermeidlich...
...folgte Daleth... |
...der kleine Kalifee auf Schritt und Tritt.
Drei Mädchen
Drinnen sitzt ein Gespenst.
Gleich zwei wichtige Hürden nehmen wir am 8. Tag. Die erste Hürde besteht im gemeinsamen Belagern der großen Katzendecke. |
Die zweite besteht im gemeinsamen Fressen, hier sogar tatsächlich jede Katze vor der ihr zugedachten Futterschale. Die Hürde mit dem gemeinsamen Fressen war übrigens nicht so schwer zu nehmen, denn Kalifee fraß in den ersten Wochen, wann auch immer ich irgendetwas in die Futterschalen füllte und auch völlig egal, was das war. Kalifee fraß und fraß, und das war auch gut so. Die Hürde bestand also nur darin, ob und wann die beiden anderen sich dazu gesellen würden. Bei Blue war das kein Problem, denn er weiß die Prioritäten zu setzen: Erstens Fressen, zweitens alles Andere. Bei Daleth hat Fressen aber keine besondere Priorität, so dass es dem Zufall, ihrer Laune oder ihrem Hunger überlassen bleibt, wann sie sich mal zur Futterschale begibt. |
Ein für mich recht erstaunliches Verhalten zeigten in den ersten Tagen (mit abnehmender Tendenz: Wochen) Blue und Kalifee einander gegenüber. Sobald Blue in Kalifees Blickfeld auftauchte, erstarrte sie regelrecht zur Salzsäule, und ihr ganzer Körper schien zu sprechen: "Was du hier siehst, ist nur die Attrappe einer Katze. Mich gibt es gar nicht wirklich!" Blue ist natürlich nicht doof, ließ es Kalifee aber durchgehen. Er schaute sie kurz an und... ignorierte sie dann völlig. Dieses gegenseitige Agreement funktionierte prächtig und ersparte vermutlich beiden Stress. Nach einigen Tagen fing die Salzsäule dann allerdings an, hier und da mal mit der Wimper zu zucken oder gar mit dem Ohr. Und in dem Maß, in dem Kalifee sich dann auch in Blues Gegenwart mehr bewegte, ignorierte er sie auch weniger... allerdings weiterhin, ohne irgendein besonderes Interesse an dem kleinen Mädchen zu zeigen. Auf Kalifee muss diese Reserviertheit eine magische Anziehungskraft entfaltet haben, denn sie verknallte sich unsterblich in Blue und scharwenzelte bald dauernd um ihn herum. Ging Blue zur Futterschale, sofort war Kalifee an seiner Seite. Rührte er sich vom Bett, schwups war sie bei ihm. Als Katzenhalter kennen Sie das Problem, wenn Sie in Richtung Kühlschrank gehen, und sofort kommt die Katze angelaufen und streicht Ihnen um die Beine. Sie gehen also gaaanz langsam zum Kühlschrank, um auch ja nicht über die Katze zu fallen. Ein Schritt nach links, ein Schritt nach rechts, ein vorsichtiger Schritt über die Katze drüber... aber immerhin: Sie erreichen den Kühlschrank. Kalifee und Blue haben mir die Erkenntnis geschenkt, dass ein begehrter Kater, um den ein Katzenmädchen rumschwarwenzelt, es da keinen Deut leichter hat. Ein Schritt nach links, ein Schritt nach rechts, ein kleiner Bogen um einen Katzenhintern rum. Blue erreichte sein Ziel allerdings nicht immer. Manchmal drehte er dann doch entnervt ab. |
Durch den Neuzugang schien Blues und Daleths Zusammengehörigkeitsgefühl gestärkt. Gelegentlich legten sie sogar so etwas wie Kumpanei an den Tag. |
Im Grunde war die "Zusammenführung" damit auch schon abgeschlossen, das heißt: Die ersten kritischen Tage, an denen es sehr schwierig werden kann (und dann darüber hinaus) oder auch nicht, waren überstanden. Und sie waren – wie schon bei der ersten Zusammenführung, als Daleth zu uns kam – nicht schwierig gewesen.
Der Gewöhnungsprozess ging aber natürlich weiter. Und er wurde dadurch verzögert, dass Kalifee in der ganzen Zeit gegen einen sehr hartnäckigen und fiesen Schnupfen kämpfte, durch den sie zeitweise sehr gedämpft war.
Der 15. Tag, an dem Kalifee bei uns war, war ein schöner, sonniger 30. August.
>>>>>
Warum man auch als Single viele Stühle braucht... |
Es ist der 15. September, und Kalifee ist seit einem Monat bei uns.
the
winner
is......
Später an demselben Tag....
...schafft die Sonne eine Win-Win-Situation.
Und schlussendlich sind wir alle Gewinner...
...und am allermeisten ich, denn ich bin umgeben von wundervollen Wesen.
Zurück zu Theorie und Praxis... Ja, es hat geklappt. Ob Daleth und Kalifee (schon) Freundinnen geworden sind, weiß ich nicht so recht. Aber auf jeden Fall beschäftigen sie sich viel miteinander. Und obwohl auch ihre gemeinsame Beschäftigung vorwiegend aus Balgereien besteht, sieht das recht vergnüglich aus. Blue ist deutlich entspannter, seit Kalifee bei uns ist. Und seitdem Blue – was lange Daleth als Privileg vorbehalten blieb – auch Kalifee mal vom Liegeplatz gescheucht hat, scharwenzelt sie auch nicht mehr gar so verliebt um ihn herum.
Kalifee aus der spanischen Auffangstation gerettet,
Daleth endlich wieder ausgelastet,
Blue deutlich entlastet und entspannter...
Alles ist gut.
– – – ENDE – – –